Residenzstadt: Stein gewordener Absolutismus

Residenzstadt: Stein gewordener Absolutismus
Residenzstadt: Stein gewordener Absolutismus
 
Im Zeitalter des Absolutismus führte das Bestreben der Herrscher, ihre in der Auseinandersetzung mit den Ständen errungene fürstliche Macht auch äußerlich sichtbar darzustellen, zu einer Bautätigkeit größten Ausmaßes, an der sich auch die großen und kleinen deutschen Landesfürsten beteiligten. Vorbild für sie alle war der französische König Ludwig XIV., den seine Bewunderer den »Sonnenkönig« nannten und dessen prunkvolle Hofhaltung in seinem Prachtschloss Versailles sie nachzuahmen suchten. Bei den unbedeutenden »Duodezfürsten« stand die Großartigkeit der Bauprojekte allerdings oft in keinem Verhältnis zu den finanziellen Möglichkeiten der Bauherren.
 
Mit ihren umfangreichen Aufträgen an die großen Baumeister der Zeit zur Aus- und Neugestaltung ihrer Residenzen veränderten die Fürsten mehr und mehr das Erscheinungsbild ihrer Landeshauptstädte, schufen sie die von weltlichen und kirchlichen Prachtbauten geprägte, mit Parkanlagen und Alleen großzügig gestaltete, repräsentative Residenzstadt des absolutistischen Zeitalters. Darin kam aber nicht allein der Machtwille der Fürsten zum Ausdruck, sondern ein auch den Adel und breite Schichten des Bürgertums erfassendes optimistisches Lebensgefühl, das sich in einem neuen europäischen Gesamtstil, dem Barock, ausdrückte. Die höfische Prachtentfaltung führte zu einem Aufschwung der Luxusgewerbe und des Dienstleistungssektors. Die Förderung von Kunst und Wissenschaft machte ebenso wie der Ausbau von Militär und Verwaltung die Residenzstädte zu Brennpunkten des öffentlichen Lebens.
 
So verwandelte sich nach der Überwindung der Türkengefahr das mittelalterliche Wien in eine glanzvolle Kaiserstadt mit großartigen Schlössern, Adelspalais und Kirchen. Schloss Schönbrunn vor den Toren der Stadt, der Lieblingsaufenthalt der Kaiserin Maria Theresia, ist mit Recht das »Versailles Österreichs« genannt worden. Der Glanz des kaiserlichen Hofes und das überaus reiche geistig-kulturelle Leben machten Wien zur führenden Kunst- und Kulturmetropole. Unter dem ersten Preußenkönig, dem Sohn des Großen Kurfürsten, entwickelte sich Berlin zur Residenzstadt der Hohenzollern. Dresden erhielt unter der Regie des sächsischen Kurfürsten und polnischen Königs August des Starken sein neues Gesicht als eine der bedeutendsten Barockstädte; die Wittelsbacher ließen München als ihre Residenzstadt ausbauen. Auch andere landesfürstliche Haupt- und Residenzstädte wären hier zu erwähnen, z. B. Hannover, Kassel, Düsseldorf, Bonn, Mainz, Würzburg, Mannheim und Karlsruhe. Mannheim wurde erst nach 1720 im Zusammenhang mit dem Bau des kurfürstlichen Schlosses (eins der größten Barockschlösser) als Stadtanlage grundsätzlich neu gestaltet. Karlsruhe entstand sogar erst mit dem Entschluss des Markgrafen von Baden-Durlach, sich eine neue Residenz zu bauen. Der fächerförmige Stadtgrundriss sollte symbolisch die Sonnenstrahlen andeuten, die von der fürstlichen Residenz ausgingen.

Universal-Lexikon. 2012.

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